Kolumne August 2020

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Ausgekohlt

Lassen Sie folgende Zahl einmal kurz auf sich wirken: 40 Milliarden. In Worten: Vierzig. In Zahlen: 40.000.000.000. So viele Nullen findet nicht einmal der durchschnittlich-leidgeplagte Fußballfan in seiner Lieblingsmannschaft. Von dieser Summe ließen sich fast sechs neue Hauptstadtflughäfen ohne funktionierende Entrauchungsanlage bauen. Sogar Amazon-Gründer Jeff Bezos müsste für diese Summe mehr als ein Jahr ununterbrochen arbeiten. Lesen Sie den letzten Satz nicht zu oft, die Falten werden Sie nach dem Stirnrunzeln nicht mehr los. Diese stolze Summe jedenfalls steht den deutschen Kohlerevieren zur Verfügung, damit das Abschalten der großen Kraftwerke Regionen, wie die Lausitz nicht in postapokalyptische Ruinenhaufen verwandelt.

Anfang Juli haben Bundestag und Bundesrat die dafür notwendigen Gesetze abgenickt und damit eine jahrzehntelange Diskussion vorerst beendet. In Bezug auf die Lausitz wird schon so lange von einem notwendigen Plan B gesprochen, dass beide Begriffe mittlerweile problemlos als Synonyme genutzt werden können. Dein Plan gefällt mir, aber hast du für den Notfall auch einen – Lausitz? Jetzt ist er da und liest sich in Teilen großartig, vor allem aus Cottbuser Sicht: Das Bahnwerk wird ausgebaut, eine Universitätsklinik entsteht, in vielen Jahren soll ein ICE in Cottbus halten und die Fahrtzeit nach Berlin halbieren. Die BTU wird mit neuen Instituten und Forschern geradezu beworfen. Der Staat tauscht das Sparbuch gegen Goldkette und Sonnenbrille und schmeißt im Vorbeifahren gönnerhaft Geldscheine aus dem Fenster seines Lowriders.  Und natürlich stehen am Rand auch die großen Kohleunternehmen und lassen sich den Ausstieg noch einmal richtig schön vergolden. Oder besser in Platin und Diamanten tauchen, mit bunten Streuseln oben drauf. Lukrativer war ein riesiges Loch im märkischen Sand noch nie.

In Jänschwalde gehen dafür in acht Jahren die Lichter aus. Das Ende ist also abzusehen und wenn alles aufgeht, wie geplant, dann wird Cottbus in 30 Jahren eine völlig andere Stadt sein. Horrende Mieten und Wohnungsmangel inklusive. Bars werden entstehen, in denen Leitungswasser für ein halbes Monatsgehalt verkauft wird. Und Restaurants, in denen das Steak mit Blattgold serviert wird. Keine Ahnung warum. Vielleicht sollten wir vor diesem Hintergrund doch noch einmal über meinen persönlichen Plan B für die Lausitz nachdenken: Anstatt das Geld in Straßen und Forschung zu stecken, bekommt einfach jeder einen Scheck ausgestellt. Wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob mein Girokonto so viele Nullen überhaupt anzeigen kann. Zum Wohle der Allgemeinheit würde ich das aber gern herausfinden.

Sebastian Schiller

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