Ladenöffnungszeiten

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neue Bühne Senftenberg  gastiert in Strittmatters Bohsdorfer Bäckergeschäft

Vor anderthalb Jahren erhielt der Bohsdorfer Strittmatter-Verein „folgenreichen” Besuch. Vereinsvorsitzende Renate Brucke denkt gern daran zurück. Es waren der Senftenberger neue Bühne-Intendant Manuel Soubeyrand und die Dramaturgin Maren Simoneit. In ihrer Begleitung Regisseur Frank Düwel, der in Senftenberg u.a. „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen” inszeniert hatte.

Der hatte während seines Aufenthaltes in der Niederlausitz Erwin-Strittmatter-Land teilweise incognito bereist und Gefallen daran gefunden. So entstand das von der Theaterleitung angenommene Anliegen, Teile von Strittmatters Roman „Der Laden” 2021 am Originalschauplatz zu inszenieren. Renate Brucke: „Über diese Anerkennung freuten und freuen wir uns, weil wir die Hoffnung damit verbinden, dass Strittmatters Literatur lebendig bleibt und unser Museum neue interessierte Besucher anzieht.”

Jetzt ist die Sache heiß; es wird geprobt, und die Hoffnung, dass man bald „Ladenöffnungszeiten” verkünden kann, ist groß. Frank Düwel (58)  ist ja kein unbeschriebenes Blatt. Viel belletristische Literatur hat er in eigener Version, also selbst verfasst, auf Theaterbühnen gebracht. Als in Lübeck geborenes „Nordlicht” hat er mit Bravour ein Lebensbild des großen Theodor Storm und dessen Novelle „Der Schimmelreiter” dramatisiert und inszeniert.

Nun also Erwin Strittmatter. Als Düwel in den 90-er Jahren an der Universität Erlangen-Nürnberg Theaterwissenschaften, Pädagogik und Neue deutsche Literatur studierte, hat ihm ein Professor darauf aufmerksam gemacht: „Wenn Sie in der deutschen Literatur unserer Zeit Bescheid wissen wollen, führt kein Weg an Erwin Strittmatter vorbei.” Düwel nahm seinen Professor ernst und die Lektüre auf, die ihn nicht wieder losließ – bis heute.

„Ich bin fasziniert von der Magie, die auf und hinter diesen Strittmatter-Texten schwebt”, sagt der Regisseur und Theaterautor im Hermann-Gespräch. „ Das ist so lebensprall,  effektvoll, mit philosophischer Tiefe und einem unverwüstlichen Humor geschrieben. Das ruft nach Theater”, schwärmt Düwel. „Was im Buch liest und erfährt, vor Ort, in Bohsdorf spürt man es, wird man hineingezogen in die wunderschöne Atmosphäre , die das große Anwesen mit seinen kleinen Räumen prägt.”

Da soll keiner 1 : 1 den Roman, Szene für Szene heruntergespielt, erwarten. Frank Düwel hat Erwin Strittmatters alias Esau Matts Kindheit vorgenommen, wie sie im ersten Band des Romans erzählend mitgeteilt wird. Um das Ganze in einen Rahmen zu fassen, lässt er den alternden Dichter (von Roland Kurzweg gespielt) auf seine Kindheit zurückblicken und macht erlebbar, wie aus den realen Gestalten der Familie und des Dorfes literarische Figuren wurden. In seinem Nachdenken wird er „von wunderbarer sorbischer Musik, gespielt von Wolfgang Kotissek vom Sorbischen Folkloreensemble Schleife auf dem Dudelsack und der dreiseitigen Geige (Zitat Düwel), begleitet.  Durch die Räume des Anwesens schweifend, wird der Zuschauer Mutter Lenchen (Anna Schönberg) bemerken, die im Laden mit Esau fantasievoll Weihnachtsdekoration anbringt, und dem Vater (Daniel Borgwardt)  Großmutter Lenka (Sybille Böversen) umsorgt muttihaft den Enkel mit Frühstück und singt aufmunternd. Man begegnet Maika (Catharina Struwe), der guten magischen Frau, die als Heilerin gilt und Esau von Zwangsvorstellungen befreien will. Und dann der Großvater Kulka (Michael Becker) mit Esau Matt am Seerosenteich. Vier Schüler aus der Oberschule „Dr. Marja Grollmuß”  bereiten sich darauf vor, diese Rolle im Wechsel zu spielen. Becker geht ganz darin auf. Sagte er doch einmal: „Der Kulka ist für mich König Lear.”

Frank Düwel weckt Erwartungen. Alte und neue Strittmatter werden sein Werk und das der Senftenberger Schauspieler mit Interesse und Freude erleben.

Klaus Wilke

 

Tipp

„Ladenöffnungzeiten:: 15. Mai, 16 Uhr (Premiere). 16. Mai, 14 und 16 Uhr. Es folgen 25 weitere Vorstellungen. Kartenreservierungen ausschließlich an der Senftenberger Theaterkasse, telefonisch zu erreichen mit 03573 801 286) oder per Mail: karten@theater-senftenberg.de

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Ein Kommentar

  1. Wolfgang Kotissek auf

    Zum Bericht von der Aufführung Strittmatter:

    Nicht dreiseitige Geige sondern dreisaitige Geige.

    Mit freundlichen Grüßen

    Wolfgang Kotissek

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