Nach England bei Muskau

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„Pückler! Pückler? Einfach nicht zu fassen!“ So lautet der Name einer multimedialen Ausstellung im Neuen Schloss Muskau. Noch bis Ende März ist das wörtlich zu nehmen – denn die Schau ist über den Winter geschlossen. Geruhsame Zeit, den Park näher kennenzulernen.
Rund ums Neue Schloss finden sich vielerorts fürstliche Spuren, der begnadete Lausitzer Gartenkünstler „malte“ bekanntermaßen nicht mit Pinsel und Farbe sondern vorwiegend mit Bäumen, Sträuchern, Wiesen und Wegen. Eisige Naturgewalten hatten vor etwa 450 000 Jahren schon gute Vorarbeit geleistet und den Muskauer Faltenbogen, die größte Stirnmoräne der Welt, geschaffen. Darin eingebettet liegt das heutige Muskauer Neißetal.
Schon bei seinem ersten Englandbesuch (1814) lässt sich Pückler nicht nur von weiblichen Musen küssen: Ernsthaft und systematisch studiert er die Landschaftgärten, skizziert Wegeführungen und nimmt sich Zeit für Gespräche mit Experten. Auch die Kunst, hochgewachsene Bäume erfolgreich zu verpflanzen, hat sich der Lausitzer Standesherr damals auf der Insel abgeguckt. Das Virus der Pücklerschen Parkomanie hat in England seinen Ursprung. Nach Muskau heimgekehrt, macht sich der junge Pückler sogleich an die Arbeit. Park Stourhead, die Keimzelle der englischen Gartenkunst, wird auch das Vorbild für Muskau. So ist es nicht verwunderlich, dass einige Namensgebungen im Muskauer Park in englischer Sprache erfolgten – vornehmlich auf der östlichen, heute polnischen Seite.
Spaziergänger gelangen über drei Neißebrücken in den östlichen Unterpark.
Die nach dem Sprengen 1945 kürzlich wiederaufgebaute Englische Brücke bildet die kürzeste Verbindung zwischen dem Muskauer Neuen Schloss und „England“. So nannten die Muskauer kurz und bündig die Lokalität um das Ausflugsziel „Englisches Haus“ im Unterpark. Ältere labten sich am kühlen Fassbier, die Kinder waren scharf auf Schokolade aus dem Automaten. Die ursprünglichen Fundamente des Gasthauses mit einer Kegelbahn sind heute feinsäuberlich freigelegt.
Rechterhand gelangt man von der Englischen Brücke auf neißenahen Wegen zum Pücklerstein, der ideelle Mittelpunkt des Muskauer Parks. Der Lausitzer Findling trägt ein Abbild Pücklers. Von hier eröffnet die Sichtschneise den Blick über die Neiße zum Neuen Schloss.
Auf dem Helminesteg ist der Große Hermannsweg schnell erreicht – dieser führt uns zu Sahrah’s Walk. Die besondere Wegeführung gilt als eine Krönung Pücklerscher Genialität: Ein winziges Gartenreich, eingebettet ins große, mit Pfaden, Stufen, Stegen, künstlichem Bach und einem Viadukt mit fünf Bögen. Mit der Namensgebung setzte Pückler der Engländerin Sarah Austin ein Denkmal, welche seinen Bestseller „Briefe eines Verstorbenen“ für die Angelsachsen übersetzte. „Sarah’s Walk“ biegt am Spazierweg nahe der Steinbank beim Großen Hermannsweg ab und schlängelt sich durch eine Schlucht bis zum einstigen Mausoleum, in den 1980er Jahren abgetragen. Für Fürst Pückler war es sein Lieblingsort. Hierher kam er mit Besuchern und Freunden, um über seinen Park zu blicken und schwärmerisch über die Zukunft zu fabulieren. Heute steht hier ein weißes Kreuz. Nicht weit, nahe der ersten Häuser von Lugknitz (Łęknica), schreitet man unter dem großen Viadukt hindurch, das eindrucksvollste Bauwerk auf der polnischen Seite. Von hier kann der Spaziergänger zum Informationspavillon schlendern und gelangt auf kürzestem Wege zur Doppelbrücke und zurück auf die deutsche Seite. Am Muskauer Ufer versteckt sich, von den meisten wohl unbeachtet, ein Gedenkstein, welcher an die Verleihung des Weltkulturerbetitels der Unesco erinnert.

Text und Fotos: Kerstin & André Micklitza

Anreise:
Bahnhof Cottbus: ODEG bis Weißwasser, weiter mit Regionalbus Nr. 250, www.zvon.de
Busbahnhof Marienstraße: Von Mo-Fr verkehren ab Cottbus mehrere Busse nach Bad Muskau (Kirchstr.) mit Umsteigen in Döbern, www.vbb-fahrinfo.de

Mit dem Auto:
Zentraler Muskauer Besucherparkplatz linkerhand des Grenzübergangs an der Postbrücke

Der Muskauer Park im Internet:
www.park-muskau.de
www.fuerst-pueckler-parks.de

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