Ein sehr beredtes Möbelstück

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Origineller deutsch-deutscher Erzählband: „Westöstliche Couch”

 Zum Glück hat sich Reinhard Stöckel aus Maust in der Cottbuser Region umstimmen lassen. Er hatte nämlich zunächst keinen Bock drauf,  als seine Schriftstellerkollegin Kathrin Groß-Striffler, die wie er zuletzt im österreichischen Müry Salzmann Verlag veröffentlicht hatte, mit der  Idee kam, Geschichten aus unterschiedlicher Sicht zu erzählen. Interessant dabei: Sie ist im Westen (lebt jetzt allerdings in Jena), er im Osten aufgewachsen. So’ne Geschichten, Ost und West und so, gibt es  freilich schon viele. Diese aber sollten und wollten anders sein. Und als Kathrin Groß-Striffler Reinhard Stöckel mit – hmh! – wohlschmeckenden Amerikanern gekapert hatte, kam das Projekt ins Laufen. Und mit einem Augenzwinkern zum alten Goethe (Westöstlicher Divan, Gedichtsammlung 1817) nannten sie ihr Vorhaben, geht es doch auch um das Zusammenwachsen von jahrzehntelang Getrenntem, „Westöstliche Couch”.

In der Folgezeit – das maß sich garantiert nach Monaten – hangelten sich die beiden nun  durch das Alphabet, gaben sich Stichworte auf Zuruf, um die herum sie Geschichten aufschrieben. Es begann – natürlich – mit Amerikaner, setzte sich fort mit Buch. Bei C  kam unvermeidlich  Couch. SIE erzählt von einem Wessi, der seine Liebste aus der DDR geschmuggelt hat. Nun liegt er beim Analytiker auf der Couch und weint sich aus, weil sie ihn verlassen hat. Verlorene Liebesmüh. ER lässt eine Couch ihre Geschichte erzählen, mit der er Geschichte, Historie, amüsant belegt und beleuchtet. Ein sehr beredtes Möbelstück! Weiter im Alphabet. M wie Mauer (stattdessen Meer) oder S wie Stasi (stattdessen Spur) ist nicht. Am Meer lässt SIE ein Paar zusammenfinden, dessen beide Teile wenig attraktiv sind, die aber letztlich durch menschliche Wärme zusammenbacken. ER erzählt von einem Paar, dessen Zweisamkeit wegen unterschiedlicher Interessen in zwei Einsamkeiten zerfällt. Und was machen solche unermüdlichen Alphabet-Jogger wie unsere beiden Schriftsteller mit den Buchstaben X und Y? Flüchten sie sich in Calauer wie Xundheit, Xellschaft oder Xsamt-Deutschland? Nein, sie erfinden musikalische Geschichten um das Xylophon und schauen – SIE sogar in Reimen- , warum Leute Yoga betreiben und schlagen sich ironisch mit Begriffen wie Homeoffice (oder Heimarbeit?) und „systemrelevant” rum.

Das alles ist vergnüglich zu lesen und regt zum Nachdenken an. Immerhin ist das Buch ein Beitrag des Verlages zur 30. Wiederkehr des Tages der deutschen Einheit. Da findet ein jeder seine eigenen Geschichten zu welchem Buchstaben immer. Kathrin Groß-Striffler und Reinhard Stöckel wissen zu solch munteren Fabulieren gute Akzente zu setzen.

Klaus Wilke

 

Info

232 Seiten. Klappenbroschur.19 EUR. ISBN 978-3-99014-209-7

Buchpremiere mit freundlicher Unterstützung des Brandenburgischen Literaturrates e.V. am Donnerstag, dem 12. November, 19 Uhr, im Großenhainer Bahnhof, Güterzufuhrstraße 7. Eintritt: 5,00 EUR;    ermäßigt: 3,50 EUR. Um Anmeldung für die Veranstaltung wird gebeten: info@galeriebrandenburg.de Aus Coronagründen wird empfohlen: Bitte schauen Sie kurz vor der Veranstaltung nach aktuellen Informationen unter: www.galeriebrandenburg.de

 

 

 

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