Vereine aus vier Bundesländern kommen in die Niederlausitz
Am 19. und 20. Oktober wird es in den Spreewaldgemeinden Werben und Dissen zu einer selten erlebten Vielfalt an Trachten kommen. Da hat der Mitteldeutsche Heimat- und Trachtenverband zum Tag der Tracht eingeladen und hält außerdem seine Jahreshauptversammlung ab.
Der Deutsche Trachtenverband (DTV) hat vor vielen Jahren den dritten Oktobersonntag zum Tag der Tracht bestimmt. Die Gründe für diese Terminwahl sind religiöser Natur; denn dies ist traditionell der Kirchweihtag und vor allem in ländlichen Gegenden eines der schönsten Feste, bei denen man auch die Tracht ganz in den Mittelpunkt der öffentlichen Betrachtung rücken will.
Das ist Geschichte, Tradition, die auch Menschen in weniger christlich geprägten Bundesländern wie zum Beispiel Brandenburg aufgenommen haben. Der Deutsche Trachtenverband wird in diesem Jahr 90 Jahre alt. 2012 gründete sich der Mitteldeutsche Heimat- und Trachtenverband (DHTV) und begab sich unter das Dach des Deutschen Trachtenverbandes. Der rechnet, dass es in Deutschland eine Million Trachtenträgerinnen und -träger, darunter 350.000 Kinder, gibt.
Der mitteldeutsche Verband vertritt Vereine und Gruppen aus Berlin und Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Sein Vorsitzender Charles Koppehele aus Jüterbog spricht von 21 Gruppen aus den vier Bundesländern mit etwa 600 Mitgliedern. „In unserer globalisierten Welt”, sagt er, „ist die Tracht ein Ruhepunkt, der uns an Heimat und Identität erinnert.”
Die Gruppen finden in ihrem Verband ein Netzwerk, in dem man Erfahrungen, Erlebnisse und Fähigkeiten teilt, die sich mit dem Trachtenwesen, dem Volkstanz und dem Heimatgedanken beschäftigen. Sie gestalten Tanzseminare, organisieren Trachten- und Brauchtumsfeste, geben und suchen Rat zu allen Fragen von Trachten und Volkstanz. Und, wie gesagt, in jedem Jahr wird der Tag der Tracht begangen. In diesem Jahr hat sich der DHTV den Spreewald ausgesucht. Die Spreewaldtracht bekommt also Besuch.
Das wird gewiss bunt und vielfältig. Immerhin gibt es Vereine und Gruppen, die Brauchtum anderer Regionen
pflegen. Von den vier Mitgliedsgruppen aus Berlin beschäftigen sich drei mit pommerschem, schlesischem und bayrischem Kulturgut. Ganz anders die Folklore-Tanzgruppe aus Köpenick, die sich nicht nur in schwedischen, schottischen und mexikanischen Trachten gefällt, sondern auch schwedische, dänische schottische, irische, mexikanische, italienische Tänze zelebriert und in all diesen Ländern schon gastiert hat.
Aus Sachsen kommt der Trachtenpflegeverein Oberlausitz e.V. In seiner Homepage liest man: „Es handelt sich hierbei um eine Gemeinschaft von bodenständigen Oberlausitzern, die die alte Trachtentradition aufrechterhalten wollen. Es sind überwiegend Frauen und Männer aus dem gebirgigen Teil der Oberlausitz, in dem es viele Umgebindehäuser gibt und die Oberlausitzer Mundart mit dem gerollten R von der älteren Generation noch gesprochen wird. Im Gegensatz zum sorbischen Siedlungsgebiet ist in den großen Industriedörfern die Volkstracht Mitte des 19. Jahrhunderts verschwunden. Volkstums-, Heimat- und Mundartgruppen erhielten sie als Bühnenkleidung in Erinnerung.” Der Verein hat sich aufgemacht, die Trachtenforschung zu forcieren und die Tradition neu zu beleben.
Die „Trachtenmädels von Schweinitz” wollen mit ihrem Heimatverein Swinze e.V. gewissermaßen das Vergrößerungsglas sein, dass man auf ihre kleine Stadt (1200 Einwohner) aufmerksam wird. Weil beim Tanzen mittlerweile die Puste ausgeht, bringen sie sich auf andere Weise, zum Beispiel durch Kochen und Backen nach uralten Rezepten, in das Heimat- und Schulfest ein, das es auch schon fast 200 Jahre gibt.
Die Fläming-Freunde aus Jüterbog, denen auch MHTV-Chef Koppehele angehört, beschäftigen sich mit der Geschichte des Fläming, mit dem Flämingplatt, einer fast vergessenen Sprache im Fläming und den Flämingtrachten. Verschiedene Publikationen sind daraus entstanden.
Das gastgebende Deutsch-Sorbische-Ensemble Cottbus besteht derzeit aus einer Tanzgruppe sowie der Kindergruppe „Swětlaška“ („Lichterchen“). Es vermittelt dem Publikum aus nah und fern tänzerisch sorbische/wendische Traditionen und Bräuche. Seine Programme führen durch das Jahr, vom traditionellen Zapust bis zur Spinnstube am Jahresende. Die „Swětlaška“ erzählen (zweisprachig) Geschichten über die Sagengestalten der Niederlausitz.
Klaus Wilke
Weil Tracht und Tanz so nahe beieinander wohnen, gibt es am 19. Oktober im Hotel „Zum Stern” Werben einen zünftigen Trachtenball. Dazu kooperieren der Niedersorbische Kulturverein Studnja, das Deutsch-Sorbische-Ensemble Cottbus und der Mitteldeutsche Heimat- und Trachtenverband, finanzielle Unterstützung kommt von der Stiftung für das sorbische Volk. Ein echter Glanzpunkt. Gerne in Tracht, ermuntern die Veranstalter. Er beginnt um 19 Uhr (Einlass ab 18 Uhr) Eintritt: 12 EUR. Damit ist man an einer kleinen Tombola zur Pause beteiligt.
Wege zum MHTV
Kontakt zum Mitteldeutschen Heimat- und Trachtenverband über die Internetseite:
http://mhtv-tracht.de
Hier findet man auch die Satzung sowie den Aufnahmeantrag
per E-Mail: info-mhtv@t-online.de