hermann- und radioeins-Filmkritiker berichten vom 27. FilmFestival Cottbus

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Dienstag, 7. November 2017

Stimmig zur Erwartungshaltung fällt feiner Nieselregen, nachdem die ohnehin unterpräsente Sonne untergegangen ist – Showtime! Das Filmfestival beginnt, und am prächtig erleuchteten Staatstheater drängen sich Menschenknäuel, wie es sich für eine Eröffnungsgala gehört.
IMG_1661Stimmig auch, dass die Band Sandow den musikalischen Part des Abends gestaltet. Mehr Cottbus geht wohl nicht, gingen die Urgesteine doch schon 1983 im gleichnamigen Stadtteil an den Start. Dunkle, verhaltene Soundgebilde münden in kraftvolle Eruptionen, die den feierlichen Saal mit einiger Wucht zu erschüttern suchen.
Parallel zu den Ausbrüchen hebt ein wildes Stakkato der Beleuchtung an, ein riesiges Stroboskop terrorisiert direkt und nervig das Rang-Publikum. Nun gut, so, wie Kino ja auch nicht nur unterhalten, sondern dem Zuschauer durchaus etwas abverlangen soll, so beansprucht auch dieses Zusammenspiel von Lärm und Lichtsetzung. Ziel wahrscheinlich erreicht.
IMG_1650Die Moderation des Abends übernimmt die Frontmann-Gattin Momo Kohlschmidt.  Sie führt gekonnt durch den Abend, ohne Lücken oder Versprecher, aber auch ohne Lacher. Eine Panne täte der Sache gut, denke ich hin und wieder. Die Reden von Schirmherr Woidke und Festival-Leiter Buder zeigen aktuellpolitische Bezüge auf, auch hier alles in Ordnung. Alles ein bisschen zu austariert, zu sehr im Lot. Deshalb gibt es sofort einen Saallacher, als die Filmcrew des Spreewaldkrimis X nach ihrer Vorstellung nicht weiß, in welche Richtung sie abgehen soll und ein putziges Durcheinander entsteht.
Nach siebzig Minuten Gala (im letzten Jahr waren es ganze zwei Stunden) dann der Spreewaldkrimi. „Zwischen Tod und Leben“ gibt der Untertitel das Motto vor. Genau dort befindet sich Kommissar Krüger nach einer Explosion. Sein Koma wird dargestellt durch eine Kahnfahrt mit einem Toten, der Spreewald-Fließ wird zum Styx, und das in fast völlig entfärbten Bildern.

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Als sein Kollege versucht, die Ermittlungen Krügers nachzuvollziehen, verschmelzen seine Nachforschungen mit den Rückblenden des lebendigen Krügers, so dass er diesem (obwohl im Krankenbett) auch begegnet. Das nur ein Beispiel für die virtuose und spielerische Verknüpfung der Ebenen, die diesen Film – ich mag eigentlich keine Fernsehkrimis – wirklich interessant machten. Außerdem ist der Film bis in die letzte Nebenrolle sehr gut besetzt, auch wenn der ohne jede Regung sehr präsente Christian Redl und (natürlich) Thorsten Merten als Hauptakteure die meisten Blumensträuße einheimsen werden.

Henning Rabe

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