Wie Kinder unterm Weihnachtsbaum

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Das Spreewaldatelier
Bildhauer und Karikaturisten-Open Air verzaubert zum 11. Mal die Lübbenauer Altstadt.

Der Lübbenauer Kirchplatz. Ein beschauliches, ruhiges Plätzchen im Herzen des Spreewaldes. Ein älterer Herr sitzt auf einer Bank und genießt die ihn umgebende Idylle. Kinder rennen umher und spielen mit einem Ball und ein Pärchen mit Hund läuft mit einem Eis in der Hand über den Platz. Im Hintergrund sanftes Vogelzirpen. Schnitt. Was man hört: das Kreischen von Kettensägen, dumpfes Klopfen. Der Platz ist voller Menschen. Und überall ist Holz. Riesige Baumstämme. Drumherum die Künstler, manche in Schutzkleidung, die behände daran arbeiten. Sägespäne fliegen umher und Schaulustige umrunden das bunte Treiben. Es ist Mitte September, das Spreewaldatelier hat begonnen und verwandelt die Altstadt erneut in ein Freiluftatelier, in dem Bildhauer und Karikaturisten aus Rumänien, Schweden, Canada, Polen, Ukraine und Deutschland ihr Können zeigen.

Aus Holz wird Kunst ©LÜBBENAUBRÜCKE

Aus Holz wird Kunst ©LÜBBENAUBRÜCKE

Das erste Mal fand ein derartiges Spektakel im Jahr 2000 statt. Damals ein reines Bildhauersymposium. Zu dieser Zeit wurde das Kraftwerk demontiert und der Schrottplatz war zum Bersten voll mit Schätzen. Schickt man eine Horde Künstler dort hin, fühlen sie sich wie Kinder auf dem Weihnachtsmarkt, erinnert sich der Bildhauer Steffen Mertens. Selbst die Künstler, die ursprünglich mit Holz arbeiten wollten, konnten sich der Magie des Schrottplatzes nicht entziehen und arbeiteten mit Metall. 2005 war Stein mitunter das Material der Wahl. Wenn so ein Sandstein allerdings mit vollem Elan und Schleiftechnik bearbeitet wird, kann das schon ein bisschen Staub aufwirbeln und prompt ist die ganze Umgebung im Staubnebel verschwunden. So hat man sich fortan auf Holz beschränkt.

Das Symposium ist ein wahrer Publikumsmagnet, manche Besucher kommen jeden Tag, um sich die Fortschritte anzugucken. Einige kommen auch nur zum Ende. Hier werden alle Werke in einer Ausstellung zusammengebracht und versteigert. Ganz davon abgesehen, dass es für die Künstler ein Anreiz ist, sind diese Auktionen auch zwischenzeitlich ziemlich amüsant. Einst waren zwei Cottbuser Schauspieler die Auktionatoren, die die Gebote gepaart mit Witz und Humor noch ein wenig in die Höhe getrieben hatten.

Für Steffen Mertens ist aber nicht das der Grund, warum er immer wieder an dem Künstlersymposium teilnimmt. Es ist die Atmosphäre; sie hat etwas Verbindendes, und Familiäres. Nicht nur zwischen den Künstlern, sondern es kommt von überall Unterstützung. Sowohl der Bürgermeister als auch die Stadtverwaltung setzten sich engagiert und motiviert für die Veranstaltung ein. Mittlerweile erfreuen sich trotz des Lärms auch die meisten Anwohner an diesem etwas anderen Open Air.

Reiner Schwalme fällt hierzu noch eine kleine Anekdote ein. Denn den Zuspruch der Anwohner gab es nicht immer. Einige zeigten sich empört über den Lärm. Ein, zwei Tage wären vielleicht noch aushaltbar, aber eine ganze Woche? Burkhard Mohr, ein Karikaturist aus Königswinter, bekam den ganzen Trubel mit und setzte sich künstlerisch mit dem Thema auseinander. Aus seiner Feder entstand ein Pastor, der eine Kettensäge in Händen hielt und für das Volk erbat er: Gottes Sägen.

Die Karikatur ist beim SPREEWALDATELIER 2009 entstanden
©LÜBBENAUBRÜCKE_Burkhard Moor

Was hat nun eigentlich ein Karikaturist mit der ganzen Sache zu tun? Es ging doch um Bildhauerei? 2004 bekam Herr Schwalme, übrigens ebenfalls Karikaturist und Unterstützer des Spreewaldateliers, einen Anruf von Herrn Dr. Othmer, dem Vorsitzenden der Lübbenaubrücke, um sich zu einer Ideensitzung einzufinden, in der besprochen wurde, was an Attraktionen man wohl anlässlich der Landesgartenschau noch anbieten könne. Die Idee eines Karikaturisten-Pleinairs ward geboren und bald darauf auch umgesetzt. Ein Jahr darauf gingen Bildhauersymposium und das Karikaturisten-Pleinair Hand in Hand und das Spreewaldatelier erhielt seinen heutigen Rahmen. Während die Bildhauer fleißig meißeln, sägen und hämmern, finden sich die Satirekünstler in einem Zelt ein und erklären ihre Sicht der Welt mittels amüsanter Zeichnungen. Das diesjährige Thema lautet „PLASTIK – Kunst oder Müll?“. Ein vieldiskutiertes Thema, das sicher den einen oder anderen Geistesblitz zutage fördern wird.

Neben dem illustren Treiben auf dem Kirchplatz gibt es noch etliche andere Veranstaltungen.

„Anstaunen ist auch eine Kunst. Es gehört etwas dazu, Großes als groß zu begreifen“, so Theodor Fontane im „Stechlin“. Am 18. September werden die Worte Fontanes von Ahmad Mesgarha gelesen und von geballten Orgelklängen, gespielt von Joao Seguardo, begleitet. Dieser Tanz von Wort und Musik findet in der Nikolaikirche statt.

Ab dem 19. September wird es ebenfalls poetisch. Die Reise geht mit einem Kahn durch den Spreewald, tief hinein in eine andere surreale Welt voller kleiner Wunder-TRAUMSTAKEN. Dort in den Tiefen des Waldes, inmitten des Wassers, entstehen traumhafte Lichtspiele. Man wird Zeuge fantastischer Mythen und Legenden, beobachtet Schattenspiele und ungekannte Kreaturen. Man taucht tief ein in MORALAND (mehr Infos: www.theater-anu.de)

Am 21. September geht das Spektakel dann dem Ende zu. Um 13 Uhr präsentieren die Künstler all ihre Werke. Natürlich muss man sich nicht mit dem Anstaunen allein zufriedengeben, denn ab 15 Uhr bekommt ein jeder die Gelegenheit, eines seiner Lieblingsstücke zu ersteigern. Für die weniger Kauflustigen ist die Auktion, geführt vom ehemaligen Kulturminister Herbert Schirmer, dennoch eine spannende Veranstaltung.

Am Abend dieses Tages findet dann das Künstlerische Finale „Skulpturen im Licht“ statt. Hier kann der geneigte Besucher Zeuge werden, wie Skulpturen zum Leben erwachen. Mit einer einzigartigen Choreografie wird Golde Grunske auch dieses Jahr wieder ein faszinierendes Zusammenspiel von Kunst und Musik kreieren, das dieser ereignisreichen, spannenden Woche ein würdiges Ende verleiht.

Info:

www.spreewaldatelier.de

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