Zwischen zwei Fäusten!?

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Nachdem er den „Faust” inszeniert hat, installiert Jo Fabian nun seinen „Antifaust”

 Sechsmal ist Jo Fabians „Faust”-Inszenierung nach der Premiere vom 30. November über die Bühne gegangen, wenn der im Sommer scheidende Schauspieldirektor und Regisseur am letzten Februarabend einen, seinen, „Antifaust” dem Publikum vorstellt. Steht dann ein ANTIFAUST dem FAUST, wie wir ihn vor allem von der Schule her kennen, gegenüber? So, als sei der eine des anderen Feind, als schlösse er ihn generell aus? Match zwischen zwei FÄUSTEN gewissermaßen?

Wir haben den Goethe-Fabian-Faust gesehen, wie er zwar nicht 1:1 gezeigt, aber als Spiel im Spiel in den Deutschen Pavillon der Biennale in Venedig verlegt wurde. Das Nationalheiligtum, zum Denkmal erstarrt, wird hastig vorbeieilenden und fotografierenden Besuchern (Statisterie) und uns als den Saalzuschauern reizvoll referiert, erzählt, zitiert, zelebriert. Faust ist mit seinem schier übermenschlichen Bestreben, auch die letzte Wahrheit zu erfassen, zu erleben, mit dem Verdruss darüber, das nicht, auch nicht mit der Magie, erreichen zu können. Der Traum von seiner Gottähnlichkeit ist ausgeträumt. Deshalb ist er von lüsterner Willigkeit erfüllt, Teufelsgeschenke anzunehmen. Er verkauft sich und seine Seele für Angebote, für die Mephisto erst das Bedürfnis geweckt hat. Wunderbare Bilder aus Auerbachs Keller und in der Walpurgisnacht. Sein alles überstrahlendes Ego stürzt Gretchen in die Katastrophe. Ein Bild des Scheiterns und der Verantwortungslosigkeit.

Nun der Antifaust. Eine Widerlegung? Ein Faustkampf? Erstürmung und Sturz des Denkmals? Das habe er nicht im Sinn, erklärt Jo Fabian. Im Gegenteil: „Die erneute Beschäftigung mit dem Fauststoff hat mir noch mehr Respekt vor Goethe und Faust abgenötigt. Ich bin geradezu vernarrt in die Möglichkeiten, die uns das Faust-Drama gibt. Es geht nicht nur um den dramatischen Niedergang eines skrupellosen Forschers, einer Wissenschaft, die mit dem Teufel im Bunde ist, und einer rücksichtslosen Fortschrittsgläubigkeit. Es geht auch darum: Gibt es eine Alternative zu diesem Menschenbild?”

Was Fabian da vorhat, dafür gibt es keine gedruckte Vorlage. Ohnehin ist für ihn der Text nicht das Theater, sondern bestenfalls ein Baustein. „Immerhin gibt mein Probennotizbuch Impulse”, so der Regisseur. Zu oft ginge man aus dem Theatersaal mit „Daumen nach oben” oder „Daumen nach unten” und fertig. Das Goethe-Drama lade aber ein zum Weiterdenken. Das sei Sinn des „Antifaust”: „Selten nur”, sagt er, „nutzt das Theater die Möglichkeit, einen Kommentar in künstlerischer Form zu einer abgeschlossenen dramatischen Arbeit vorzulegen. Hier ist sie. Theater ist ein Prozess. Was auf der Bühne beim Antifaust zu sehen sein wird, entspringt der kreativen Reibung der Künstler an diesem Stoff, an Goethe, der Faustfigur, an den gesellschaftlichen Veränderungen, die sich vollziehen und anstehen.” Uns erwartet also ein Spiel (Antifaust) mit dem Spiel im Spiel (Faust). „Aber wir wollen wie bei anderen Theaterinstallationen mit den Zuschauern im Gespräch sein. Der Antifaust ist aus meiner Sicht eine Denkfigur, die sich selbst auffriss”(?), erklärt Jo Fabian.

Wie schon in seinem „Francesco”, in „Onkel Wanja”, „Terra Incognita” oder in „Ein Volksfeind” thematisiere sich für ihn im Faust-Projekt Freiheit und Verantwortung.

Klaus Wilke

 

Info

Antifaust: 29.2. (Premiere), 5.3., 4.4., 2.5., 3.6.
Faust: 22.2., 20.3., 3.4., 26.4., 2.6.

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