Auf der Suche

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Gespräch mit dem Lausitzer Filmemacher Erik Schiesko

Kann sich jemand noch an die alten Computerspieleklassiker „Day of the Tentacle“ oder die „Monkey Island“-Reihe erinnern? Was haben wir in den 90er Jahren diese Point-and-Click-Adventure Games „gesuchtet“! Höchst erfreulich also, dass Allroundman Erik Schiesko in seinem ambitionierten interaktiven Filmspiel www.aufdersuche.de gute, alte Erinnerungen wachkitzelt.

 

Guter Typ: Erik Schiesko                      Foto: Clemens Schiesko

Erik Schiesko ist in Cottbus kein Unbekannter. Mit dem jüngeren Bruder Clemens – kurz die Schiesko-Brüder – prägen beide seit vielen Jahren die Lausitzer Film- und Medienszene. Erik kommt 1986 im beschaulichen Spremberg zur Welt. Zur Wendezeit zieht die Familie nach Cottbus/Schmellwitz. Im Plattenbau teilen die Brüder ein Zimmer und vertreiben sich die Zeit mit Comics malen. Irgendwann kauft der Vater eine Filmkamera – sicher nicht ahnend, damit beiden Söhnen quasi den Lebensweg mitersteigert zu haben. Die Jungs drehen begeistert ihre ersten Stop Motion-Filmchen. Sie probieren aus, was die technischen Möglichkeiten der Kamera und ihre Phantasie hergibt. Heutzutage würde es etliche Internet-Plattformen für derartiges Material geben, aber all das ist Neuland – Tik Tok liegt noch als Quark im Schaufenster.

Dreamteam Pöschk/Schiesko/Baruck Foto: TSPV

Die Bühne für die Schiesko-Brüder heißt Lausitz TV! Im Jahre 2007 haben sie im lokalen Fernsehsender ihre eigene Jugendsendung – KonturTV. Und schnell entwickelt sich dieses Format als Spielwiese und Lernstätte. Erik übernimmt Moderation und Regie. Die Brüder drehen Kurzfilme, Musikvideos, eine eigene Koch-Show, Graffiti-Tutorials, bis hin zur Live-Sendung und, und, und… . Es war eben eine Zeit, wo das Mitteilungsbedürfnis über Video noch neu und besonders war.

Analoge Premiere 2016 Foto: TSPV

2008 gibt es eine kleine technische Revolution. Die Canon EOS 5D Mark II kommt auf den Markt – eine digitale Spiegelreflexkamera mit Videofunktion in Kino-Optik. Das Format Spielfilm ist bis heute für Erik Schiesko das Nonplusultra, also nutzt er die Gelegenheit und dreht zusammen mit Bruder Clemens 2010 seinen ersten 75minütigen Spielfilm: „Blaue Stunde“. Die Premiere findet 2011 im Piccolo Theater statt, und naja, was soll man sagen, der Film wird ein Hit. Auf Youtube wird das Werk millionenfach angeklickt.

Um dem Fluch des zweiten „schlechteren“ Films zu entgehen, übernimmt er beim nächsten Projekt die Rolle des Produzenten. Auch dieser Spielfilm geht in Cottbus durch die Decke: „Holger, Hanna und der ganze kranke Rest“ läuft wochenlang im Weltspiegel, auf Filmfestivals, als „Film zum Wochenende“ auf Spiegel Online und ist derzeit im Programm von Amazon Prime! (Kamera & Schnitt Clemens Schiesko; Regie: Matthias Heine/Maria Bock.) Chapeau!

Technische Einrichtung im Weltspiegel 2016 Foto: TSPV

Erik absolviert eine Ausbildung als Mediengestalter für Bild und Ton mit der Spezialisierung zum Videojournalisten. Die praktische Lehre realisiert er erneut bei Lausitz TV. Ein Glück, denn bei einem regionalen Fernsehsender ist es nun mal so: du lernst professionell einen Film zu bauen und vor allem Eigenverantwortung. Etwa 400 Filmbeiträge, gerade aus dem Bereich Kunst und Kultur, bezeugen Eriks Bilanz in dieser Zeit.

„Auf der Suche“ heißt nun das dritte Großprojekt. Spielort ist die Lausitz. Das Genre nennt sich (interaktives) Filmspiel. Und es macht Spaß! Bereits 2015 wurde das Projekt an verschiedenen Orten (LR-Verlagsgebäude, Museum Jänschwalde, Geisterstadt Haidemühl…) gedreht, 2016 lief die Premiere im Weltspiegel, aber erst durch den Lockdown 2020 fand Erik und sein Team (Robert Baruck, Olaf Pöschk) die Zeit, das Ganze nun für jeden zugänglich ins Internet zu wuppen.

Filmplakat Bild: KonturProjekt Filmproduktion

Also los: Über Google Chrome (empfohlen) einfach www.aufdersuche.de eingeben und ins Adventure springen. Ein junger Reporter entdeckt einen mysteriösen Zufall und wie der detektivische Handlungsbogen es will, wird der Zufall sogleich zum Fall. Das Filmspiel wechselt stets zwischen Spielfilm und Computer-Game. Ganz klassisch muss der Hauptcharakter Rätsel lösen und scheinbar unnütze Dinge in seine Inventarliste aufnehmen, bis sie Sinn ergeben und die Erzählung vorantreiben. Das ist nicht immer einfach Leute! Man fühlt sich wirklich in die 90er zurückversetzt. Wenn du bei einem Knackpunkt nicht weiterkamst, dann musstest du halt solange rumprobieren bis Geisteslicht vom Himmel fiel – nix im Internet nachschauen und eine komplette Lösungsexplikation downloaden.

„Auf der Suche“ ist gut gemacht, genreübergreifend (Mystery, Krimi, Romanze), regional und immer wieder witzig. Die Bewerbungsszene für den Job bei der Lausitzer Rundschau macht sehr viel Freude. Zurecht läuft das Filmspiel im November 2021 ganz analog beim Osteuropäischen Filmfest Cottbus. Kein Spoilern mehr – schauen sie selbst.

Daniel Ratthei

Mein Tipp: Erik Schiesko gibt im Oktober kostenfrei zwei Filmworkshops für Jugendliche ab der 7. Klasse in Cottbus und Lübben. Anmeldungen auf www.pressestelle@luebben.de und www.klaus.geissler@menschenrechtszentrum-cottbus.de

     

       

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